Filmkritik: „The Secret – Das Geheimnis“ (2006)

Originaltitel: The Secret
Regie: Drew Heriot / Drehbuch: Rhonda Byrne,
Mit: John Assaraf – Anthony Baron – Michael Beckwith – Lee Brower – Jack Canfield – Patrick Constantine u.a.
Laufzeit: 90 Minuten
Land: Australien / USA
FSK: Ab 6
Genre: Dokumentation

Inhalt: Für den Dokumentationsfilm The Secret wurden einige der in den USA populärsten Erfolgs-Coaches, Beziehungs- und Motivationstrainer sowie auch zwei Quantenphysiker zusammengebracht. Gemeinsam reden sie über das sogenannte Geheimnis, mit dem sie sich mitunter schon seit Jahren beschäftigen – ein Geheimnis, welches sie nun der Allgemeinheit zugänglich machen möchten. Dabei geht es im genaueren um das sogenannte Gesetz der Anziehung, welches besagt; dass die Gedanken der Menschen wie alles im Universum aus Energie bestehen – und dass sich somit gewisse Wechselwirkungen erzielen lassen. Beispielsweise müsse man vollständig von einer negativen Denkweise Abstand nehmen, um nicht gerade so noch ein zusätzliches Unheil heraufzubeschwören – denn das Universum unterscheide nicht zwischen positiven oder negativen Gedanken. Egal um welche Art Wunsch es sich also handelt, man könne grundsätzlich jeden in Erfüllung gehen lassen wenn man nur stark genug daran glaubt und sich vorstellt, wie man sich fühlen würde wenn der Wunsch bereits in Erfüllung gegangen wäre. Mit dem Geheimnis liesse sich also so gut wie jeder stark ausgeprägte und immer wieder durchgekaute Gedanke in der Realität manifestieren – vollkommen unabhängig davon, ob es sich um rein materielle oder intime Herzenswünsche handelt.

Kritik: Ein Werk wie The Secret ist wie kein anderes dazu prädestiniert, die Zuschauergemeinde in mindestens zwei Lager zu teilen, die sich im Angesicht der automatisch verhärteten Fronten gegenüberstehen. Die eine Seite glaubt tatsächlich an das gezeigte und behauptete und lässt keine Kritik zu – die andere dagegen erachtet den Inhalt gar als potentiell gefährlich und spricht von den Machern als geldgierige Scharlatane, die ihren Lebensunterhalt ausschließlich durch eine enorme Naivität und Perspektivlosigkeit der Menschen bestreiten. Und, auch eine dritte Fraktion vermag im Angesicht dieser Zweiteilung zu entstehen: diejenigen, die sich weder von der einen noch von der anderen Seite beeindrucken lassen und einen Film wie The Secret demnach weder verurteilen noch auf ihren ganz persönlichen Altar des Glaubens hieven. Aber was genau wird in diesem Film, der zweifelsohne eher wie eine (nicht wirklich fundierte) Dokumentation aufgebaut ist, eigentlich alles gezeigt und gesagt ? Und was böte sich eher für einen Vergleich an: traditionelle, stark vom eigenen Glauben abhängige Thesen verpackt in wichtigen religiösen Werken wie der Bibel, oder vielleicht doch eher Konzepte wie die von gewissen TV-Sendern, die als Mitarbeiter ausschließlich selbsternannte „Wunderheiler“ und „Hellsehende“ beschäftigen ?

Und tatsächlich: die Inhalte von The Secret auch nur ansatzweise mit alten religiösen oder spirituellen Schriften zu vergleichen, könnte schon fast als Sakrileg bezeichnet werden – selbst wenn man keiner Konfession angehört. Denn, die Macher brechen so gut wie jede Regel der Glaubwürdigkeit; was die meisten Menschen wohl doch davon abhalten wird, das hier gezeigte und behauptete für Voll zu nehmen. Vielleicht ist das auch ganz gut so – denn so wie dieser Film auf dem Markt erhältlich ist, sollte selbst von Natur aus nicht-kritischen Menschen schnell klar werden, dass es sich hier grundsätzlich um ein zu hinterfragendes Werk handelt. So werden die zahlreichen inszenatorischen Schwächen bereits offensichtlich, noch bevor die „Gurus“ überhaupt erst richtig zu Wort kommen: eine ganz und gar lächerliche Einleitung zeigt den bisherigen, angeblichen Werdegang des Geheimnisses – und lässt dabei andere bekannte Relikte wie den heiligen Gral zu wertlosen Souvenirs verkommen. Doch anstatt das Ganze auch nur ansatzweise auf einem sachlichen Niveau zu präsentieren (was zugegeben schwierig gewesen wäre), kommen bereits in den ersten Minuten allerlei reißerische Stilmittel zum Einsatz. Eigens gefilmte Actionszenen zeigen die bisherigen Kämpfe und Versteckspiele wenn es darum galt, das Geheimnis zu bewahren; schnelle Schnitte und pompöse Musikstücke sowie stets nur flüsternde Sprechstimmen sollen unweigerlich klar machen, dass hier etwas wahrhaft großes auf den Zuschauer wartet. Gut, dass sich die meisten Zuschauer heutzutage von derart billigen Methoden nicht mehr beeindrucken lassen – und so erst recht kritisch an die noch folgenden Minuten herangehen werden. Ein klares Eigentor… eine nicht ganz so plumpe Inszenierung wäre hier sicherlich dienlicher gewesen.

Denn, und ich bitte die nun folgende Polemik zu entschuldigen: wer nicht kritisch an Werke wie dieses hier herangeht, hat schon verloren – oder ist bereits Mitglied einer wie auch immer gearteten Sekte; oder hat eine Telefonrechnung von mehreren hundert Euro, oder glaubt bei Call-In Sendungen etwas gewinnen zu können… oder ist so verzweifelt, dass er nach einem rettenden Strohhalm sucht und ihn so manches Mal in etwas unseriösen Angeboten zu entdecken glaubt. Was (noch) nicht heissen soll, dass das Geheimnis zu eben solchen Produkten gehört – es geht ersteinmal nur um den unbedingt erforderlichen, kritischen Grundgedanken. Doch, noch viel weiter auf das Dilemma der Sinnsuchenden auf der einen, und der vermeintlich hilfsbereiten Menschen (wenn für deren „Fähigkeiten“ entsprechend gezahlt wird) auf der anderen Seite einzugehen, lohnt sich im Falle von The Secret nicht wirklich. Schließlich handelt es sich hier, wie man es auch anpackt; um eine einmalige Investition. Aber, lohnt sich diese wirklich ?

So ist besonders auffällig, dass der Film trotz einer Spieldauer von immerhin satten 90 Minuten nicht über den Ausgangsgedanken hinauskommt. Und der besteht darin, dass eine besonders positive Denkweise automatisch auch zu positiven Resultaten führen würde. Zwar ist der Film in verschiedene Abschnitte gegliedert, wie das Geheimnis des Geldes, das Geheimnis der Beziehungen et cetera – doch immer wieder werden die gleichen Inhalte durchgekaut, wenn auch mit etwas differenten Formulierungen. Eine Wirkung sollte dieses Prinzip nur auf die besonders leichtgläubigen haben, die den Film (oder das dazugehörige Buch) nach genau dem Inhalt durchsuchen, der für sie akut relevant ist – frei nach dem Motto: eine Beziehung habe ich schon, nun brauche ich einfach etwas Geld. Eben diese Kandidaten werden somit auch nicht feststellen können, dass sie genausogut jeden anderen Abschnitt des Films hätten schauen können, um zu den gleichen Schlüssen zu kommen. Lohnt es sich also wirklich, einen Film über etwas herauszubringen, was grundsätzlich schon jeder weiss – dass positive Gedanken eine positivere Auswirkung haben als negative ?

Damit wäre eigentlich auch schon alles gesagt, wenn dem Film nicht noch unglaubliche viele freche Ansätze innewohnen würden; die jedem halbwegs kritisch-denkenden Menschen den Hut hochgehen lassen werden. So werden (natürlich) hauptsächlich nur die Wünsche der Menschen behandelt, die zumindest noch halbwegs realistisch sind – im Sinne einer Bestellung beim Weihnachtsmann ganz fest an etwas materielles zu denken, das könnte irgendwann (und durch blossen Zufall) tatsächlich „Auswirkungen auf die Realität“ haben. Auch wenn dieser Ansatz grundsätzlich verkehrt herum dargestellt wird: wenn der Papa zu Weihnachten nicht auf Kneipentour mit seinen Freunden ist und tatsächlich einmal an seinen Sohn denkt und ihm ein Fahrrad kauft, dann ist das wohl nicht gerade dem Geheimnis zu verdanken. Aber, sollte dies der Fall sein, lässt sich (natürlich immer nur rückwirkend, sofern eingetreten) genau diese Schlussfolgerung ziehen. Wenn man so will und so abergläubisch ist, versteht sich.

Ab einem gewissen Zeitpunkt wird das Ganze dann reichlich abenteuerlich: selbst Dinge wie Krankheiten wären kein Problem, wenn man nur um das Geheimnis wüsste und sich dementsprechend Gedanken macht. Kläglich und auch nicht mehr hilfreich: der Satz, dass die „Gurus“ die moderne Medizin nicht ablehnen, sondern behaupten, dass beide Methoden ihre Wirkungen haben. Hier droht dann auch die erste richtige „Gefahr“ – wer so fest an etwas wie das in The Secret behauptete glaubt, dass er sich nicht mehr von regulären Ärzten behandeln lassen würde weil er es nicht „nötig“ hat – der riskiert nicht weniger als sein Leben. Ebenfalls markant: da (dem Film nach) derartig heilbringende Gedanken nur auf einen selbst anzuwenden sind und nicht auf andere – was ist dann mit den Menschen, die noch nicht imstande sind ihre Gedanken derart klar und zielstrebig zu verfolgen ? Richtig, ich spreche hier speziell von Kleinkindern oder bereits psychisch kranken Menschen – die wären demnach aussen vor.

Und es geht weiter, immer weiter… dem Film nach könnte man mit dem Geheimnis den Zustand „unendlicher Glückseligkeit“ erreichen. Denn wer will schon negative Erfahrungen machen, wenn auf Glück stets nur immer mehr Glück folgen würde ? Genau hier findet sich eins der größten Probleme der Psudo-Dokumentation: wie sollte man Glück noch von Unglück unterscheiden können, wenn der Mensch keine (übrigens menschlichen) schlechten Erfahrungen mehr machen würde ? Diese naive schwarz-weiss Denke spricht nicht gerade für die „Weisheit“ der Menschen, die hier zu Wort kommen. Ohne das Profil der hier philosophierenden Personen zu kennen, stellt man doch recht schnell fest, dass hier so gut wie keine Behauptung in irgendeiner Form wissenschaftlich fundiert erscheint. Wer braucht also wirklich „Hilfe“ – die Menschen die sich diese DVD kaufen, oder die, die in diesem pseduo-intellektuellem Puppenspiel ihr Wort erheben ? Und das im übrigen geradezu lachhaft synchronisiert, zumindest in der deutschen Version. Doch man sollte sich nicht von Nebensächlichkeiten ablenken lassen.

Fazit: Einen Film wie The Secret könnte man unendlich lange textlich verreisen und widerlegen. Einmal noch: was war denn eigentlich mit den 60 Millionen Opfern des zweiten Weltkriegs ? Was ist, wenn man vielleicht doch mehr als „nur“ homosexuell (so heisst das, und nicht „schwul“) ist, als größte Absonderlichkeit des Films – sondern vielleicht Ambitionen als Gewaltverbrecher oder Diktator hat ? Diese „Wünsche“ der jeweiligen Menschen wären für sie doch auch durchweg „positiv“ – gehen auch sie in Erfüllung ? Danke übrigens an die Macher, dass ihr das Geheimnis so großzügig (*hüst*) mit uns, den Schafen der Herde, teilt. Es macht keinen Unterschied: praise the holy secret oder praise the mighty Müllhaufen – denn auch aus dem kann man eine gehörige Prise Optimismus (schön bunt !) schöpfen. Da das Ganze aber zumindest grundsätzlich auf eine stimmungsaufhellende Wirkung und eine positive Einstellung abzielt, keine unnötigen Ängste schürt und genrell keiner Religion untergeordnet ist – gibt es noch einige Restpunkte. Grundsätzlich gilt aber: es gibt zig andere Werke, die ähnliche Zusammenhänge (das Ich und das Universum) respektabler, niveauvoller und gehaltvoller behandeln.

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