Filmkritik: „The Book Of Eli“ (2010)

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Originaltitel: The Book Of Eli
Regie: Albert Hughes, Allen Hughes
MitDenzel Washington, Mila Kunis, Gary Oldman u.a.
Land: USA
Laufzeit: 118 Minuten
FSK: Ab 16 Jahren freigegeben
Genre: Action / Drama
Tags: Überleben | Buch | Bibel | Ödland | Apokalypse | Rettung

Ungewöhnlich, andersartig… aber gut ?

Kurzinhalt: In der nahen Zukunft ist die Welt nicht mehr so beschaffen, wie wir sie kennen. Vielmehr ist die Erde zu einem leblosen Wüstenplanten geworden – auf dem es nur noch wenig Leben und noch weniger Ressourcen gibt. Die überlebenden haben sich entweder in größeren Siedlungen zusammengeschlossen, sich brutalen Straßenbanden angeschlossen – oder verfolgen ganz andere Ziele. Wie auch der Einzelkämfer Eli (Denzel Washington), der auf seinem Weg durch die Vereinigten Staaten auf allerlei Widersacher trifft. Doch lässt er sich kaum von seiner selbst auferlegten Mission abbringen: ein spezielle Buch in den Westen des Landes zu bringen, wo es angeblich einen Ort geben soll der noch sicher ist. Kurz vor dem ziel jedoch trifft er auf den selbsternnanten Kleinstadt-Herrscher Carneggie (Gary Oldman, der sich nicht nur für Eli, sondern vor allem auch für sein Buch interessiert. 

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Kritik: Achtung, Spoiler ! BOOK OF ELI ist zweifelsohne einer jener Filme, die man in einem eher problematischen Zusammenhang sehen könnte. Denn was in erster Linie nach einem typischen Endzeit-Streifen mit genretypischen Inhalten (Überlebenskampf, Nahrungssuche, Straßenbanden, Kannibalismus) aussieht, entpuppt sich im weiteren Verlauf als Propaganda-Feldzug der etwas anderen Art. Ob dies nun explizit so gewollt war oder nicht, sei einmal dahingestellt – hierzu müsste man sich ausführlicher mit dem Film und seinen Hintergründen beschäftigen; vor allem aber die Biografien der Verantwortlichen lesen. Das ist aber nicht unbedingt ein Muss, denn es kommt schließlich ganz auf die vermittelte Wirkung des Films selbst an, die in diesem Falle vom Titel-gebenden Buch des Hauptcharakters Eli ausgeht. Und damit jenem Werk, welches in Zeiten der Apokalypse als potentieller Heilsbringer fungieren könnte – oder als gegenteiliges, würde es in die falschen Hände geraten.

Es geht also – und natürlich – nicht nur um ein Buch, sondern um das Buch der Bücher. Dass eine Idee wie diese als Ausgangspunkt für eine Endzeit-Geschichte dient, erscheint dabei erst einmal mutig – und hätte mit einer etwas neutraleren Herangehensweise vielleicht auch ganz gut funktioniert. Doch nicht nur, dass sich der Film in seinen postulierten Lebens- und Religionsphilosophien ständig selbst ständig widerspricht, er beinhaltet neben einer äußerst simplen Charakterzeichnung auch zahlreiche Logiklöcher. Eben solche, die sich womöglich nur durch ein Wunder erklären ließen, was in gewisser Weise zu THE BOOK OF ELI passen würde. Doch ist dies beileibe keine Entschuldigung für die Macher, die in vielerlei Hinsicht schlicht zu nachlässig und im wahrsten Sinne auf gut Glück an die Sache herangingen – und gleichzeitig auch eine der wohl unglaubwürdigsten Charakter-Enthüllungen aller Zeiten präsentieren.

Glücklicherweise kommt die erst kurz vor dem Abspann, sodass man diese Problematik erst einmal ausklammern kann, ausklammern sollte – ist der allgemeine Frustfaktor auch so noch hoch genug. Das liegt in erster Linie daran, dass THE BOOK OF ELI nicht wirklich das ist, was er vorgibt zu sein – ein Endzeitfilm, der das Überleben von einigen Auserwählten Charakteren in allen Facetten zeigt. Stattdessen beschränkt man sich – zumindest weitestgehend – auf einen einzelnen Charakter, über den man zudem so gut wie nichts erfährt. Wichtig scheint nur, dass er eine Mission hat – und diese um jeden Preis durchführen würde, selbst wenn es ihn sein Leben kosten würde. Sicher ist das eine anständige Sache, ist der Grund ein entsprechenden ehrenwerter. Das fatale: wo es in anderen Genrefilmen um ganz essentielle Dinge geht, die wirklich von jedermann nachvollzogen werden können, hält BOOK OF ELI seinen Zuschauerkreis eher klein, beabsichtigterweise. Es geht hier ’nur‘ um ein verlorengeglaubtes Artefakt einer Weltreligion – wieso also sollte man entsprechend mitfiebern, ist man Angehöriger einer anderen Glaubensrichtung ?

Denn, und das ist ein weiterer Knackpunkt; THE BOOK OF ELI schert sich erst gar nicht groß um andere Inhalte oder Empathie-tragende Elemente. Hie und da präsentiert man ein wenig Ödland-Alltag, der entsprechend grausam ausfällt (willkürliche Morde oder Vergewaltigungen), doch bis auf die Tatsache dass es sich hier um grausame Taten handelt erhält man nur wenig Bezug zu der Welt, in denen sich all das ereignen soll. Es gibt ein paar marodierende Straßenbanden, einen egozentrischen Kleinstadt-Herrscher der sich alles und jeden Untertan machen will; und wenn es hochkommt noch ein einzelnes Häuschen mit einem verqueren älteren Paar. Das ist schon etwas wenig für einen Endzeitfilm, der vor allem eines vermissen lässt: ein Porträt dessen, wie sich die Überlebenden organisieren, wie sie miteinander interagieren; kurzum: wie sie überleben. Selbst die eigentlich herausragendste Gegenüberstellung, die von Eli (Denzel Washington) und seinem Widersacher Carnegie (Gary Oldman) bleibt geradezu handzahm und oberflächlich, von einem wie auch immer gearteten Glaubenskrieg offenbart sich hier nur ein klitzekleines Fünkchen. Wenn es heiß hergeht, dann werden ohnehin eher Kugeln als Worte ausgetauscht – sodass THE BOOK OF ELI über weite Strecken wie ein simpler Actioner wirkt. Nur eben mit keinem gewöhnlichen Hauptcharakter – sondern einem, der hie und da wie eine moderne Reinkarnation eines Jesus Christus wirkt, respektive dargestellt wird.

Immerhin hat THE BOOK OF ELI auch Stärken, die ihn gerade noch vor dem endgültigen Verfall retten können – auch wenn diese eher oberflächlicher Natur sind. Zum einen wäre da die insgesamt gelungene Optik. Hier und da hält man zwar einige besonders artifiziell wirkende CGI-Elemente bereit – doch die Farben, die Kameraführung und die Gestaltung der (extrem kleingehaltenen) Ödland-Welt wissen zu gefallen; erinnern sie nicht von ungefähr an Genreklassiker wie MAD MAX. Auch die Leistungen der Darsteller bewegen sich auf einem anständigen Niveau; dass der Charakter von Eli selbst etwas starr und konstruiert wirkt liegt nicht an Denzel Washington – sondern am Drehbuch. Am glaubwürdigsten aber bleibt Gary Oldman als post-apokalyptischer Tyrann mit einem seltsamen Hang zu Büchern, beziehungsweise dem einen Buch. In einem anderen Film vielleicht… ?

Fazit: THE BOOK OF ELI präsentiert sich als moderner Endzeitfilm, der mit einigen Konventionen bricht – nur um daraufhin in noch moralinsaurere Bereiche abzudriften und den moralischen Zeigefinger bis zum geht-nicht-mehr zu erheben. Wer bisher der Meinung war, dass überschwänglicher Patriotismus in Hollywood-Filmen eine Begleiterscheinung ist auf die man gut und gerne verzichten könnte, der sollte sich erst einmal den hier präsentierten Beitrag ansehen. Denn der trieft nicht nur so vor Patriotismus und Aufopferung für den guten (aber selten nachvollziehbaren) Zweck, sondern macht auch nicht davor Halt eine ganz spezielle Religion auf den höchsten Thron zu heben. Kurzum: eine bessere, hippere Werbung für das Christentum hätte man einfach nicht auf die Beine stellen können. Vor allem dann nicht, wenn man sich (s)eine Moral immer so hinbiegt, wie man sie gerade haben möchte. Ist wirklich alles erlaubt, geht es um eine ‚gute‘ Sache ? Geradezu witzig (und ein weiteres Merkmal der Widersinnigkeit des Films) ist, dass in einem Nebensatz der Grund für die hier stattgefundene Apokalypse erwähnt wurde – man könnte es so verstehen, als hätte es einen Glaubenskrieg gegeben. Was kann da also sinniger sein, als vehement ein Artefakt jener alten Zeit zu bewahren, um das Ganze von vorne beginnen zu lassen ? Danke, Eli.

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„Was ist schlimmer: amerikanischen Patriotismus und die Rolle des Christentums überhaupt gemeinsam in einem Film zu behandeln, oder das Ganze als Welt-rettende Wahrheit abzustempeln ? Zieht man jene Elemente ab, bleibt ein handelsüblicher; im Vergleich sogar verdächtig schwacher Endzeitfilm zurück.“

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