Filmkritik: „Wall-E“ (2008)

Originaltitel: WALL·E
Regie: Andrew Stanton
Mit: Ben Burtt, Jeff Garlin, Fred Willard u.a.
Laufzeit: 98 Minuten
Land: USA
FSK: Ab 0
Genre: Animationsfilm (Sci-Fi 50 % / Drama 50 %)

Inhalt: Wir befinden uns im Jahre 2800 – selbst die Großstädte wirken desolat und sind dazu noch voller Müll. Bald schon wird klar, warum: die Menschen haben sich bereits vor langer Zeit aufgemacht, den Planeten Erde zu verlassen – um später, wenn sich die zerstörte und lebensfeindliche Atmosphäre wieder regeneriert hätte, zurückzukehren. Sie hinterließen dazu speziell angefertigte Roboter, von denen auch Wall-E einer ist; allerdings einer der letzten noch funktionierenden. So streift er nach wie vor durch die Gegend und sammelt Müll um ihn zu komprimieren und zu riesigen Sammelstellen zu bringen. Doch es scheint, als hätte sich aus der einfachen Maschine ein Roboter mit Herz und Seele entwickelt – Wall-E pflegt höchst menschliche Marotten und träumt von einer Zukunft, die er nicht alleine verbringen müsste. Als hätte das Universum seinen Wunsch erhört, taucht plötzlich eine Drodin mit dem Namen Eve auf. Dieser wurde von den Menschen ausgesandt um zu erkunden, ob auf der Erde bereits wieder der Prozess der Photosynthese möglich ist – dazu soll Eve eine Pflanze borgen und quer durch den Weltraum transportieren. Gesagt, getan – doch Wall-E möchte sich nur ungern von seiner neuen Bekanntschaft verabschieden – er hat sich in Eve verliebt. So folgt er ihr in die ihm unbekannten Weiten des Weltalls, und landet schließlich auf der Raumstation der überlebenden Menschen, die sich längst an das triste Leben im All gewöhnt haben…

Kritik: Eines muss man den Machern von Pixar lassen: sie schaffen es stets, die Messlatte für US-Animationsfilme ein stückweit höher zu legen – zumindest wenn es um die technischen Belange geht. Und so sieht auch der 2008’er Blockbuster Wall-E gnadenlos gut aus, und lässt die Konkurrenz dabei meilenweit hinter sich zurück. Angefangen bei der allgemeinen Detailverliebtheit, über die futuristischen Designs der Roboter und der Raumstation, bis hin zu den geschmeidigen Animationen der irgendwie „putzig“ wirkenden Charaktere – alles wirkt durchdacht und ausgezeichnet umgesetzt. Ebenfalls interessant ist, dass der Film über weite Strecken ohne eine jegliche Sprache auskommt – einige wenige Roboterlaute aussen vor – und somit besonders zu Beginn auf erklärende Dialoge verzichtet. Diese Herangehensweise zeigt alsbald ihre Früchte: Wall-E ist ein Film, der zu einem Großteil über Bildsprache und den dadurch erzeugten Emotionen arbeitet. Um nicht ausschließlich über die visuelle Schiene zu gehen, serviert man dem Zuschauer einen stimmigen Soundtrack, der sowohl in den gefühlvollen als auch in den eher „bombastischen“ und actionreichen Momenten zu überzeugen weiss. Erst im späteren Verlauf kommen dann auch die Menschen ins Spiel, die vieles verlernt zu haben scheinen – glücklicherweise aber noch nicht die Sprache. So erlebt man als Zuschauer, dass beide Filmhälften trotz der erheblichen Unterschiede in Bezug auf die Nutzung der Sprache ihre Aussagekraft haben – wenn es nicht gar so ist, dass die erste, „sprachlose“ Hälfte dabei noch intensiver ausfällt.

Man sollte allerdings wissen, dass die allgemeine Optik von Wall-E eher als „steril“ oder „glattgebügelt“ bezeichnet werden muss – auch wenn die Szenerie immer wieder allerlei Details aufweist. Aber so bunt, natürlich und authentisch wie in japanischen Anime-Produktionen beispielsweise wird (und kann) ein Pixar-Film niemals werden – was kein Wunder ist, bedient man sich doch grundsätzlich verschiedener Techniken. So könnte die Gewöhnung an die zweifelsohne stark „futuristische“ Optik des Films etwas schwerfallen – gerade wenn es erstmals von der Erde in da Weltall geht, da hier der Kontrast besonders markant ausfällt (verdreckte Erde voller Details in Pastelltönen – das „saubere“ Weltall). Und auch die menschlichen Wesen wissen in optischer Hinsicht nicht einmal ansatzweise so sehr zu beeindrucken wie die „künstlichen“ – doch all dies ist Kritik auf hohem Niveau. Weitaus wichtiger ist ohnehin die Story, die in Wall-E zwischen postapokalyptischem Erden-Szenerio und unschuldiger Liebesgeschichte hin- und her schwankt. Und das sogar recht gut, stimmig und nachvollziehbar – keine Seite kommt hier zu kurz. Andererseits wird man (als erwachsener Zuschauer) feststellen, dass die Inszenierung der Geschichte nicht ganz so komplex und hintergründig ausfällt wie es eigentlich der Fall hätte sein können – hier wurde der Schwerpunkt eindeutig zugunsten der jüngeren Zuschauer verschoben. Dies ist zwar kein wirkliches Problem in dem Sinne, schließlich handelt es sich bei Wall-E um einen expliziten Kinderfilm. Doch es besteht kein Vergleich zu anderen Animationsfilmen (heutzutage speziell aus Fernost), bei denen den Zuschauern oft mehrere Zugangsebenen offeriert werden; sodass alle Altersstufen abgedeckt werden.

So bleibt den Erwachsenen ausschließlich der Unterhaltungsfaktor auf… genau, der Unterhaltungsebene; den jüngeren dagegen werden verschiedene, teils äusserst sozialkritische Botschaften angeboten. Im Vordergrund steht dabei die „Verschmutzung“ der Erde, welcher – das sollte jedem ersichtlich werden – in jedem Falle entgegenwirken sollte wenn man nicht gerade so enden möchte wie die… „runden“ Menschen auf der Raumstation. Heimlich kontrolliert von einer künstlichen Intelligenz, stets versteckt hinter irgendwelchen Bildschirmen, die den Blick auf die Realität verzerren – auch Kritik an der zunehmenden Technisierung der Gesellschaft hat also ihren Platz. Das einzig wahre, was den Menschen (oder Robotern) in solchen Zeiten demnach bleibt, sind die „wahren“ Gefühle aus dem Inneren – wie das Gefühl der Liebe. So könnte man die dargestellte Beziehung der Roboter durchaus als einen kleinen Geniestreich betrachten: selbst die Roboter sind emotional und gefühlstechnisch schon „weiter“ als die Menschen, die sich seit der Evakuierung von der Erde immer mehr zurück entwickeln. All dies wird stets stimmig und wenig reißerisch dargestellt – zwar gibt es auch einige Actionszenen, doch in Wall-E zählen definitiv die inneren Werte, auch wenn es zuerst gar nicht mal danach aussehen mag.

Fazit: Wall-E ist ein technisch perfekter, größtenteils gut inszenierter Animations- beziehungsweise Kinderfilm, der man grundsätzlich jedem Zuschauer (besonders aber Kindern) empfehlen könnte. Die Erwachsenen bleiben ein wenig aussen vor, sodass japanische Werke wie Ponyo (ebenfalls ein expliziter Kinderfilm) die Nase noch ein Stück weiter vorne haben. Die enthaltenen Aussagen sind zahlreicher als gedacht, auch wenn die angepeilte Sozialkritik nicht immer wirklich nachvollziehbar ausfällt. Besonders das „Müllaufräumprogramm“ welches auf der Erde offenbar seit 700 Jahren (!) stattfindet, erscheint doch ein wenig sinnlos zu sein; was selbst Kindern auffallen sollte. Überhaupt, „darf“ man eine derartige Lösung für die anhaltende Zerstörung der Erde überhaupt präsentieren – wenn der Zenit der Zerstörung erreicht ist, macht man sich einfach mal eben „aus dem Staub“ um wieder zurückzukehren wenn alles in Ordnung ist ? Schade, dass hier nicht ein klein wenig mehr Kritik Einzug gehalten hat – auch in Bezug auf die Menschen auf der Raumstation, welche mehr als seicht und ohne Ecken und Kanten dargestellt werden. Übrigens: eine „Erwachsene“ und äusserst tiefgreifende Darstellung genau dieses Themas kann man in der Anime-Serie Ergo Proxy bewundern…

Ein Gedanke zu “Filmkritik: „Wall-E“ (2008)

  1. Prometheus 14 Jul 2011 / 14:28

    Yoa, definitiv nettes Filmchen: „Nummer 5 meets E.T.“ das man mit (wenn vorhanden) Kids ansehen kann. Aber nichts was ich in meiner Sammlung haben müsste, dafür ist dieses Werk dann doch zu unbedeutend.

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