Metal-CD-Review: THEOCRACY – As The World Bleeds (2011)

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Alben-Titel: As The World Bleeds
Künstler / Band: Theocracy (mehr)
Land: USA
Stil / Genre: Progressive / Power Metal
Label: Ulterium Records

Alben-Lineup:

Shawn Benson – Schlagzeug
Val Allen Wood – Gitarre (Lead)
Jared Oldham – Bass, Gesang (Backing)
Matt Smith – Gesang, Gitarre, Keyboard
Jonathan Hinds – Gitarre, Piano, Keyboard, Gesang (Backing)

Track-Liste:

1. I Am 11:00
2. The Master Storyteller 04:09
3. Nailed 06:25
4. Hide in the Fairytale 04:27
5. The Gift of Music 07:12
6. 30 Pieces of Silver 05:08
7. Drown 05:29
8. Altar to the Unknown God 05:44
9. Light of the World 04:28
10. As the World Bleeds 07:56

Markante Power Metal-Religionsstunde, oder doch eher ein Reinfall ?

THEOCRACY ist eine 2002 gegründete, US-Amerikanische Progressive Power Metal-Combo – einst hervorgegangen aus den Ideen von Bandleader Matt Smith, der das Ganze zu Beginn komplett allein aufzog. Ein markantes Merkmal der Musik von THEOCRACY ist zweifelsohne der explizite Religions- beziehungsweise Glaubensbezug – grundlegende christliche Textinhalte sind hier nicht selten, und ziehen sich wie ein roter Fanden durch die Kompositionen. Allerdings: auf die Frage, ob THEOCRACY nun eine christliche Power Metal-Band sei oder nicht, gab Bandkopf Matt Smith keine ausreichend klare Antwort. Man könnte es so oder so sehen – in jedem Fall behandelt er seit jeher Themen, die ihm durch den Kopf schwirren; wobei Religion nur eines von vielen ist. Eine Einstellung wie diese ist zweifelsohne angenehm – so kann das Werk von THEOCRACY von allen möglichen Hörerschichten erschlossen werden, ohne dass man eine allzu aufdringliche Botschaft oder gar etwaige Aufforderung (wie es bei vielen nicht-metallischen, christlichen Bands der Fall ist) erwarten müsste.

Aber noch etwas ist anders. Zumindest anders, als man es von einer christlich angehauchten Band erwarten würde. Metal-Bands mit einer ähnlichen Ausrichtung (a’la REINXEED oder GOLDEN RESURRECTION) machten es teilweise vor – mit einer Musik wie dieser kann man einstweilen hart an der Schmerz-; respektive Kitschgrenze schrammen – von etlichen anderen Bands (die einfach nur peinlich wirken) gar nicht erst zu sprechen. Doch THEOCRACY wirken und klingen absolut ernstzunehmend – das heisst, vor allem auch musikalisch erhaben. Nach dem Debüt, welches noch im Alleingang von Matt Smith realisiert wurde und demnach etwas rauer klang, folgte 2008 das ebenfalls gut aufgenommene MIRROR OF SOULS – das allerdings und ebenfalls noch immer nicht mit einer vollen Besetzung. Erst mit dem heute behandelten, 2011 erschienenen AS THE WORLD BLEEDS wurden THEOCRACY als 5-köpfige Band komplett.

Und: es hat sich bezahlt gemacht. Der Charme, den das Erstwerk vor allem hinsichtlich eines ambitionierten Ein-Mann-Projektes entwickeln konnte, weicht nun endgültig einer allgemeinen Professionalität. Nach knapp 8 Jahren war dies der einzig richtige Schritt, beziehungsweise die einzig nachzuvollziehende Entwicklung – denn auch als Band möchte, muss man sich stets weiterentwickeln. Und so sorgt auch die sagenhafte Abmischungs- und Produktionsqualität von AS THE WORLD BLEEDS für den Eindruck einer bestmögliche Qualität. In der Tat – wenn ein gewisser Mika Jussila (Liste seiner Mitarbeiten) für das Mastering verantwortlich ist, dann klingt das Ergebnis meistens gut. Auch das Artwork von Altmeister Felipe Machado Franco überzeugt sofort – und beschwört eine unterstützende Prise Dramatik herauf. Ganz so dramatisch (und vor allem nicht düster) klingt das Album dann allerdings nicht, was gut ist – denn düstere Genrevertreter gibt es bekanntlich zuhauf. Und so könnte man die Musik von THEOCRACY durchaus als fröhlich, beziehungsweise positiv gestimmt bezeichnen – doch bewegt sich AS THE WORLD BLEEDS dennoch weit weg von einer belanglosen lala-Stimmung. Das macht auch der Opener I AM schnell klar: hier handelt es sich um ein 11-minütiges, progressives Opus mit allerlei Tempi- und Stimmungswechseln. Musikalisch ist das, was hier geboten wird; in der allerersten Liga anzusiedeln – bezeichnend dafür ist auch, dass so gut wie keine Langeweile aufkommt und sich das Stück Minute für Minute entfaltet.

THE MASTER STORYTELLER ist dann eine deutlich kürzere Nummer; die es in sich hat: von den knackigen Riffs über den stimmigen Leadgesang bis hin zu den durchdachten Textinhalten stimmt hier einfach alles. Einen netten, ‚catchy‘ Refrain gibt es noch obendrauf – was will man mehr ? Noch progressiver und epischer wird es dann in NAILED, dem ersten Alben-Highlight von AS THE WORLD BLEEDS. Die harten Riffs und die hier erstmals etwas düstere Grundstimmung stehen in einem markanten Kontrast zum Leadgesang von Matt Smith – bis es im Refrain zu einer ersten (nicht nur musikalischen) Offenbarung kommt. Mit HIDE IN THE FAIRYTALE geht es sogleich hochkarätig weiter, textlich wie auch kompositorisch – die Tempi-Wechsel zwischen den schnelleren Strophen und dem getragenen, gesanglich perfekt inszenierten Refrain bilden hier das Highlight, wie auch das angenehme Gefrickel an den Gitarren. Den ersten auffälligeren, potentielle Streitfall bildet dann die Ballade THE GIFT OF MUSIC – denn hier schrammen THEOCRACY tatsächlich an der oben bereits erwähnten Kitschgrenze. Solange es bei dieser einen Nummer bleibt, ist das allerdings zu verzeihen. Man sollte allerdings Vorsicht walten lassen, und die Nummer nicht allzu schnell überspringen – denn im weiteren Verlauf mausert sie sich dann doch noch zu einem progressiven Meisterstück mit durchaus höhrenswerten Soli und Instrumentalparts – ja, auch Überraschungen sind auf AS THE WORLD BLEEDS durchaus vertreten.

Doch sind es gerade Titel wie 30 PIECES OF SILVER, in denen THEOCRACY richtig aufgehen. Was sollte man an einer Nummer wie dieser ändern, ändern wollen ? Hier handelt es sich quasi um die bessere Version von THE MASTER STORYTELLER – in atmosphärischer wie auch progressiver Hinsicht wird hier reichlich geboten. DROWN ist dann – leider – eine der eher unspektakulären Nummern. Angesiedelt irgendwo zwischen einer (Power-)Ballade und einem stampfenden Midtempo entsteht hier keine derart fesselnde, sogartige Wirkung wie in den Titeln zuvor. Ein etwas missglückter Refrain (in Sachen Melodie und Chorgesang) bestätigt diesen Eindruck. Wie so oft scheinen auch THEOCRACY einem merkwürdigen Phänomen zum Opfer zu fallen: ein überaus markanter, gut gelungener Auftakt geht in einen noch soliden Mittelteil über, doch zum Ende hin flaut die Qualität immer weiter ab; die Begeisterung kann einfach nicht aufrecht erhalten werden. Denn auch ALTAR TO THE UNKNOWN GOD ist – trotz des netten Refrains und der teils aufkommenden Tempi-Wechsel – alles andere als ein Meisterstück. Viel eher muss man von einer grundsoliden Nummer sprechen – nicht mehr, und nicht weniger. Etwas überraschend kommt dann LIGHT OF THE WORLD daher – die erste gradlinige Uptempo-Power-Metal-Hymne ohne viel Schnickschnack. Sowas können THEOCRACY also auch ? In der Tat – und das gar nicht mal schlecht. Das Teil macht Laune, überzeugt durch einen markanten Rhythmus und den gelungenen Refrain. Bleibt nur noch der Titeltrack AS THE WORLD BLEEDS – der noch einmal aus dem Vollen schöpft und sowohl eine ordentliche Portion Tempo als auch Progressivität anzubieten hat. Ein runder Abschluss, nach einem nicht mehr ganz so spektakulären Mittelteil.

Fazit: Die potentiellen Bedenken derjenigen, die sich aufgrund eines zu ‚einschlägigen‘ Inhaltes (Glauben, Religion, Christentum) nicht an das 2011’er THEOCRACY-Album wagen, können mit einem guten Gewissen zerschlagen werden. Man muss weder streng gläubig sein, noch irgendeiner bekannten Weltreligion angehören um in den Genuss von AS THE WORLD BLEEDS, beziehungsweise der Musik von THEOCRACY zu kommen – das Album funktioniert auf vielerlei Ebenen, von der der besagte Religions-Bezug nur eine einzelne bildet. Zudem werden etwaige Textinhalte alles andere als aufdringlich oder plump präsentiert – diesen Fauxpas begehen THEOCRACY nicht. Sie nehmen die Musik, die sie machen einfach nur sehr ernst – und daran ist beileibe nichts schlechtes auszumachen. In wie weit man auf die Textinhalte einsteigt, bleibt jedem Hörer selbst überlassen – so oder so funktionieren die Kompositionen – größtenteils – gut. Sie gehen ist Ohr, verweilen dort – und begeistern durch den enorm positiven, vorwärts preschenden Anspruch. Auch Abwechslung wird reichlich geboten – eine Empfehlung, vor allem für Freunde eines progressiv angehauchten Power Metals. Allerdings: nach dem verdammt gelungenen Alben-Auftakt nimmt die Qualität gegen Mitte / Ende doch leicht ab. Lediglich jene, die auf einen etwas raueren Sound aus sind, sollten sich eher anderswo umschauen – denn THEOCRACY klingen vergleichsweise freundlich, was (in diesem Fall !) allerdings kein Negativ-Attribut ist.

Anspieltipps: I AM, NAILED, THE GIFT OF MUSIC, 30 PIECES OF SILVER, LIGHT OF THE WORLD

Vergleichsbands: HARMONY | DARKWATER | REINXEED


95oo10

„Ein wahrlich himmlisches Album“

Ein Gedanke zu “Metal-CD-Review: THEOCRACY – As The World Bleeds (2011)

  1. Blockio 15 Jan 2017 / 17:34

    Ich hab mir das Album ursprünglich nur angehört, weil mich das Cover an Evangelion erinnert hat… keine Entscheidung, die ich jemals bereut habe ^^
    Ich stimme der Bewertung komplett zu, grandioses Album!

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